Informationsbroschüre

Warum Insekten unsere volle Aufmerksamkeit verdienen

Insekten gehören mit über 1 Million Arten zu den ökologischen Basisgruppen in natürlichen Lebensgemeinschaften – d.h. von ihrer Existenz und Wirksamkeit hängt mehr ab als von den „Altarfiguren“ des Naturschutzes wie Uhu, Adler und Wolf.

Insekten sind nicht nur wichtig als Bestäuber von Wild- und Kulturpflanzen. In ihrer Vielfalt vermindern sie auch den Schädlingsdruck und sind selbst Nahrungsgrundlage für unsere Singvögel.

Ein neuer Alptraum: das Insektensterben – doch was steckt dahinter?

Was ist bloß mit den Insekten und Singvögeln los? Es schien lange Zeit nur Biologen zu interessieren – seit aber im August 2017 Radio, Fernsehen und soziale Medien vom Insektensterben berichteten, wird diese Tatsache zunehmend verbreitet und diskutiert. An den Schmetterlingsflieder kommen nur noch wenige Falter, und viele Autofahrer bemerken kaum noch tote Insekten an ihrer Windschutzscheibe. In Folge hat auch die einstige Fülle der Kleinvögel regional um bis zu 80% abgenommen.

Hintergrund:
Ausgelöst wurde die Sorge um das „Insektensterben“ durch eine Forschergruppe um Caspar Hallmann von der Universität Nimwegen und Martin Sorg vom Krefelder Entomologischen Verein: In 63 deutschen Naturschutzgebieten mit landwirtschaftlicher Umgebung wurde von den Entomologen die Menge der Fluginsekten durch Fallenfänge ermittelt und dokumentiert. Ergebnis: 2017 waren nach 27 Jahren 76 – 82% der Insektenmenge verschwunden. Die Forscher betonen, dass Ähnliches auch in vielen anderen kleinen Naturschutzgebieten mit landwirtschaftlicher Umgebung in Europa und darüber hinaus geschehen ist und sprechen von einem eindeutigen „Weckruf“. Die Forscher weisen auch auf zwei sehr wahrscheinliche Hauptursachen hin: den unbesorgten und steigenden Pestizideinsatz in der Landwirtschaft sowie die Entwertung oder den Verlust von natürlichen Lebensräumen.

Die industrielle Landwirtschaft als einzige Ursache?

Mit Sicherheit nicht. Denn auch an anderen Orten hat sich viel verändert:

  • Grüne Wüste: Viele Gärten – leider auch viele Kleingärten – bieten für Biene, Hummel & Co. überhaupt keine Blütennahrung mehr an: je pflegeleichter sie geputzt sind, umso weniger blüht es dort.
  • Fatale Täuschung: Stellen Sie sich vor, Sie sitzen mit Hunger vor einem Teller, auf dem ihr Leibgericht nur gemalt ist – so geht es Biene, Hummel & Co., wenn sie nur KNOSPENHEIDE oder POLLENLOSE SONNENBLUMEN oder Rosen nur mit gefüllten Blüten vorfinden.
  • Schaffung von Obdachlosen: Wo das Laub im Herbst weggesaugt oder -gepustet wird und abgetrocknete Pflanzenstängel beseitigt werden, können weder Marienkäfer noch Hummelköniginnen und Insektenbrut überwintern.
  • Artensterben in unseren Köpfen: Eine wesentliche Ursache dafür, dass Menschen den Substanzverlust an Vielfalt in der Natur einfach nicht bemerken und hinnehmen, ist die zunehmende Unkenntnis an Vorgängen in der Natur.
  • Falsches öffentliches Vorbild: Die Grünbereiche in Gemeindehand, z.B. an Straßen, in Parks und an Spielplätzen, weisen kaum natürliche Vielfalt auf und werden „pflegeleicht“ gehalten – zum Nachteil nicht nur der Insektenwelt, sondern auch der Kinder, die hier nichts lernen können.

Wenn WIR nichts besser machen – wer dann?

Hier folgen einige Hinweise, wie man selbst insektenfreundlichere Lebensräume gestalten kann:

  • Statt eines (oft unnütz großen) Rasens: Blumenrasen oder Blumenwiese. An Grundstücksgrenzen, Mauern: Blumenhecke, Wildpflanzensaum. Freifläche, an Wegen: Wildstaudenbeet. Ohne Gift und übermäßige Düngung gärtnern.
  • Statt Thuja, Zypresse und biologisch sinnlosen Zuchtformen: z.B. Zierjohannisbeere, Obstbäume, Beerensträucher. Zwergsträucher (Heiden), Blumen und Rosen mit offenen Blüten, die Pollen und Nektar liefern. Glockenblumen, Weiden u.a. für spezielle Wildbienen.
  • Laub vom Rasen unter die Sträucher fegen – der Igel freut sich und der Boden bleibt frostfrei. Blumenwiesen und -beete erst im Frühjahr abräumen, dabei Pflanzenstängel wegen noch schlüpfender Überwinterer (Bienen, Käfer u.a.) nur beiseite legen.
  • Natur fasziniert: Am Meisenkasten beobachten wir, wie die kleinen Meisen alle 3-4 Minuten mit einem Schnabel voll Insekten die Jungen füttern. 10 Stunden täglich. 3-4 Wochen lang. Zwischen den Steinplatten auf dem Gartenweg buddelt ein bizarres Insekt wie ein Hund Sand aus einem Loch. Dann beobachten wir, wie diese Sandknotenwespe mit einem Rüsselkäfer angeflogen kommt: lebender Proviant für die sich später entwickelnden Larven.

Es gibt gute Beispiele – informieren Sie sich

Hier können Sie sich eingehend mit Information versorgen oder sogar aktiv vernetzen zum Erfahrungsaustausch:

Faszination Naturgarten – ein Netzwerk fürs Leben: für Menschen, für Gärten, öffentliches Grün und Landschaft. Saatquellen für einheimische Wildpflanzen als Lebensgrundlage einheimischer Tiere: https://www.naturgarten.org

Das Netzwerk Blühende Landschaft erfasst vorhandene Konzepte, die Honig- und Wildbienen sowie allen anderen Nektar und Pollen suchenden Insekten wieder eine Lebensgrundlage schaffen. Es vermittelt erprobte Handlungsempfehlungen: http://www.bluehende-landschaft.de/

Lüneburg summt: Die Region Lüneburg ist neuer Partner von Deutschland summt, einer Initiative der Stiftung Mensch und Umwelt. Hier finden Sie viele Informationen über die Förderung von Bienen durch bienenfreundliches Gärtnern, Aktuelles aus Forschung und Praxis: www.deutschland-summt.de

An der Uni Lüneburg wurde ein Selbsttest entwickelt: Damit kann man prüfen, wie man seinen Garten noch bienenfreundlicher gestalten kann: https://nearbees.de/media/download/selbsttest_bienenfreundlicher_garten.pdf.

Die Living-Land-Initiative ist ein großes neues Bündnis für eine ökologisch gerechte Agrarpolitik: http://www.living-land.de/

Und natürlich lohnt sich das Stöbern in einer kompetenten Buchhandlung unter diesen Themen!

Bitte Informieren Sie auch andere Menschen – Nachbarn, Gartenbesitzer, Freunde:
Diese Informationen gibt es auch als Faltblatt zum Download: DOWNLOAD hier!

Text: Dr. Wolfram Eckloff, 18.03.2018

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