Alle reden von Bienen, doch…
… Was ist eine Biene?
Die Honigbiene! Na klar! Wer kennt nicht die Bienenvölker der Imker.
Aber wusstest du, dass es noch mehr Insekten gibt, die zu den Bienen gehören?
Da gibt es die Hummeln. Davon kannst du in Niedersachsen noch etwa 10 Arten (von ursprünglich 31 Arten) beobachten, z.B. die Gartenhummel, die Steinhummel und die Ackerhummel. Hummeln leben in Staaten, die aber kleiner sind als die der Honigbiene. Und sie bestehen auch nur einen Sommer lang.
Und dann sind da noch die anderen „Wildbienen“!
Was sind Wildbienen?
Sind das etwa verwilderte Imkerbienen?
Keineswegs! Es gibt etwa 550 wild lebende Bienenarten in Deutschland und über 700 in Mitteleuropa. Weltweit schätzt man etwa 20.000 Arten (etwa 17.000 Arten sind beschrieben).
Was ist denn eine „typische“ Biene?
Die allbekannte Honigbiene Apis mellifera, zu der alle Honigbienen Europas gehören, ist es jedenfalls nicht! Sie betreibt eine intensive Brutpflege in ihrem hoch-organisieren Dauerstaat. – In fast allen Merkmalen ist sie keine typische Biene, denn bis auf die wenigen Hummeln leben alle Wildbienen solitär, also ohne Staat. Das bedeutet: jedes Weibchen versorgt allein seine Brut, indem es ein Nest anlegt und die darin entstehende Brut fürsorglich mit Nahrung versorgt (Brutfürsorge). Ihre Kinder sieht die Mutter nicht, da diese erst im kommenden Jahr die Kinderstube verlassen. Die allermeisten Wildbienen sind entweder deutlich kleiner oder größer als die Honigbiene und sie können in der Körperform und Färbung stark abweichen.
Viele Bienenarten (23%) sind übrigens Kuckucke, d.h. sie legen als Brutparasiten ihre Eier in fremde Nester (wie der Vogel Kuckuck).
Bienen bilden zusammen mit den Wespen und Ameisen die Insektenordnung der Hautflügler, die zwei häutige Flügelpaare besitzen.
Alle Bienen sind Vegetarier: für sich selbst und für die Brut wird ausschließlich Pollen und Nektar verwendet. Damit setzen sie sich von den nächstverwandten Wespen ab, die ihre Brut mit Fleisch ernähren.
Bienen haben sich vor etwa 130 Millionen Jahren aus Grabwespen entwickelt und zwar parallel zur Entstehung der höheren Blütenpflanzen, die sich viel lieber von Bienen gezielt bestäuben lassen als vom Wind. So kam es zur Koevolution dieser Pflanzen und Insekten und der Entstehung einer ungeheuren Artenvielfalt.
Vom Wert der Bienen
Hiermit wird auch deutlich, dass nicht nur die Honigbiene (1 Art), sondern neben und mit ihr alle 550 Wildbienenarten bei uns (und 20.000 Arten weltweit) die Bestäubung der Blütenpflanzen bewirken. Dabei sind viele Bienenarten auf bestimmte Pflanzenarten oder Pflanzenfamilien spezialisiert, andere Arten wie die Honigbiene hingegen unspezialisierte Generlisten. Dennoch hat jede Art bei genauerem Hinsehen ihr arttypisches Wirkungsfeld („ökologische Nische“), das sie als eine einmalige und bei Aussterben unwiederbringliche Schöpfung ausweist. Hierauf und nicht auf Nützlichkeitserwägungen beruht der ethische Naturschutz.
Es wäre in unserer Zeit allerdings schon viel gewonnen, wenn die bestäubenden Insekten schon allein wegen ihres ungeheuren Nutzens geschützt würden. Immerhin gilt die Honigbiene als wirtschaftlich drittwichtigstes Haustier neben Schwein und Rind. Ihr wird eine Wirtschaftsleistung von weltweit über 500 Mrd. EURO zugeschrieben – nun wissen wir, dass sie diese Leistung nur im Verein mit ihren Verwandten und zahlreichen anderen Insekten (Fliegen, Schmetterlinge, Käfer) vollbringen kann.
Ein Verzeichnis aller Bienengattungen Mitteleuropas mit deutschen und wissenschaftlichen Namen ist in dieser <ÜBERSICHT> herunterzuladen.
Text: Dr. Wolfram Eckloff
Empfohlene Literatur:
Cornelis Hemmer und Corinna Hölzer: Wir tun was für Bienen. Stuttgart 2013 (17€)
Paul Westrich: Wildbienen – Die anderen Bienen. München 2015 (19,80€)